Saturday, August 8, 2009

Wollte mal was von den BA Arbeiten reinstellen...Hier ein Stück aus der AT Pro über Genesis 3,1-8

9. Theologische Reflexion

Wenn es um Verbote und deren Übertretung geht, ist Gen 3, 1-8 ein unschlagbares psychologisches Meisterstück. Der Text lässt sich auf praktisch alle Verbote anwenden; Verbote von Eltern für Kinder, staatliche Gesetze und Gottes Gesetze. Wir können solche Begrenzungen unserer Freiheit solange annehmen, wie sie uns sinnvoll erscheinen, solange uns der Geber vertrauenswürdig und gerecht erscheint und solange in uns nicht irgendwie ein Verlangen aufkommt, sie zu übertreten. Genau in dem aufkommenden Verlangen liegt jedoch das Problem. Wir sind nämlich selten zufrieden mit dem, was wir haben, sondern ständig getrieben von dem Verlangen mehr zu haben, mehr zu können, mehr zu wissen, mehr zu sein. Interessanterweise ist dieses Verhalten nicht nur charakteristisch für den „gefallenen“ Menschen, sondern bereits im ersten Menschenpaar sichtbar. Somit ist das Begehren zwar schöpfungsbedingt im Menschen angelegt, aber in der Unabhängigkeit von Gott wird es pervertiert, wird es etwas Negatives.
Von allen Bäumen im Garten durften sie essen, außer von einem.
Aber der Blick richtet sich weg von der Fülle, die man hat und für die man dankbar sein könnte, hin auf das Eine, was man nicht hat. Das erinnert an König David, der obwohl er viele Frauen haben konnte, ausgerechnet die Eine begehrte, die ihm verwehrt war. Batseba fesselte seine Aufmerksamkeit; sie war eine Lust für die Augen. Davids Begierde siegte über das Wissen, etwas Verbotenes zu tun, ungeachtet der Konsequenzen (2. Sam 11 und 12).
In der Versuchungsgeschichte setzt der Schlangerich diesen Prozess in Gang. Er leitet die Aufmerksamkeit auf das Verbotene und zeichnet ein Bild von Gott, das auf sehr subtile Art seine Liebe, Gerechtigkeit und Integrität in Frage stellt.
Paraphrasiert sagt er: „Ach, ihr Armen dürft ja überhaupt nichts. Was für ein harter Gott, der euch etwas vorenthält, obwohl es doch gut für euch wäre. Er hat wahrscheinlich Angst um seine Position. Was er gesagt hat, das mit dem Sterben, meint er gar nicht so.“
Und vielleicht liegt dahinter nicht einmal böser Wille. Vielleicht hat der Schlangerich tatsächlich dieses Gottesbild.
So fällt ein Schatten auf die ungetrübte Gemeinschaft mit Gott im Garten und es entstehen neue gedankliche Perspektiven. Möglicherweise ist Gott es nicht wert, dass man ihm gehorcht.
Möglicherweise hat Ungehorsam keine negativen Konsequenzen. Ich glaube, dass diese doppelte Täuschung so aktuell ist wie eh und je.
Und paraphrasiert könnte die Frau denken: Ja, warum hält Gott mir etwas vor? Warum will er nicht, dass ich klug werde? Er gönnt mir das nicht. Was wenn der Schlangerich recht hat?
Und mit dieser Frage, diesem Zweifel, ist sie nicht allein. Die Frage nach dem Charakter Gottes bewegt die Menschheit und die Theologie seit jeher.
Nicht umsonst wird mehrfach darauf hingewiesen, dass hier der Anfang der Theologie- des Redens über Gott, anstatt mit Gott- zu finden ist. God has been objectified. The first record in the Bible to practice theology in the place of obedience.1 Gerade die Theologie als Wissenschaft täte gut daran, diesen Text als Warnung und Ermahnung zu verstehen, über dem Reden von Gott das Reden mit Gott nicht zu vergessen.
Ich glaube das „in-Gemeinschaft“, „im-Gespräch-mit-Gott-bleiben“ und das vertrauensvolle Hören auf sein Wort, kann uns helfen, nicht Opfer unserer Begierden zu werden. Was menschliche Gier in Unabhängigkeit von Gott bewirken kann, dazu bedarf es keiner Beispiele; die Welt ist voll davon.
Dennoch ist es Gott, der die Polarität und Potentialität von schönem und schlechtem, von gut und böse, in die Schöpfung gelegt hat. Der so genannte „Sündenfall“ war für ihn keine Überraschung. Ob nun der Preis der Freiheit die Möglichkeit des Mißlingens ist, ob die Erfahrung von Leid und Sterben notwendig, um letzten Endes in Christus ewiges Leben wieder zu erlangen; darauf gibt Gen. 3 keine Antwort.
Gott kümmert sich jedenfalls auch nach der Übertretung um die Menschen; sie sterben nicht unmittelbar nach dem Essen. Allem menschlichen Ungehorsam zum Trotz gibt er seine Geschöpfe nicht auf; darin liegt unsere Hoffnung.

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